Tapering: Nein, du wirst jetzt nicht „unfit“.
- Jan van Berkel
- 7. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Es passiert fast jedem. Zwei Wochen vor dem Wettkampf fühlst du dich plötzlich nicht bereit. Du scrollst durch Strava, siehst die Longruns und Hard Sessions der anderen – und fragst dich: „Sollte ich nicht auch nochmal…?“

Stop. Das ist genau der Moment, in dem du dein Tapering ruinieren kannst.
Tapering heisst Reduktion, nicht kompletter Stillstand. Es bedeutet: weniger Volumen, gleiche Intensität. Dein Körper erholt sich, lädt Systeme auf, baut überschwellige Ermüdung ab – und wird dadurch leistungsfähiger.
Du wirst in den letzten 7–14 Tagen nicht fitter. Aber frischer. Und genau darum geht es.
Tapering fühlt sich oft brutal mies an.
Ich war nie jemand, der sich im Tapering „leicht“ gefühlt hat. Die veränderten Spannungszustände in den Muskeln, die plötzliche Ruhe im Kopf (oder ist es eben doch Unruhe?), der ungewohnte Trainingsalltag – ich habe mich oft brutal scheisse gefühlt.
Genau dann kommt es darauf an, die Nerven zu behalten. Einen Plan zu haben, den wir uns gut überlegt haben. Einen starken Coach an meiner Seite. Und dem man in diesem Moment vertraut, auch wenn der Körper gerade etwas anderes erzählt.
Dieses Vertrauen ist der Schlüssel. Nicht Strava. Nicht der Trainingsbuddy, der noch einen Longrun ballert. Sondern der Plan, der dich am Renntag frisch an die Startlinie bringt.
Intensität bleibt. Volumen geht runter.
In meiner eigenen Karriere haben mein Trainer und ich meine HRV-Daten (Herzfrequenzvariabilität) systematisch getrackt. So konnten wir über die Jahre einen klaren physiologischen Pattern erkennen: ab wann mein Körper mit der Frische klargekommen ist, wie er sich erholt – und wann er wirklich bereit war.
Dieses Wissen hat es mir ermöglicht, mein Tapering auf den Tag genau zu steuern. Nicht nach Bauchgefühl, sondern datenbasiert.
Tapering heisst nicht: lockere Spaziergänge. Deine Beine sollen weiter daran erinnert werden, was Rennspeed ist – aber mit weniger Umfang. Du brauchst den Stimulus, ohne die Ermüdung.
Darum bleibt Intensität in den letzten Einheiten erhalten. Aber die Umfänge gehen runter. Nicht andersrum.
Psychologie ist Teil der Physik.
Tapering fühlt sich oft falsch an. Du bist gewohnt, müde zu sein. Die plötzliche Frische fühlt sich ungewohnt an – fast „zu gut“. Viele Athleten interpretieren das als mangelnde Form.
Falsch. Das ist genau richtig. Du sollst dich erholt fühlen. Der letzte Zwick, das Kribbeln in den Beinen, die Nervosität – das ist Teil des Prozesses. Vertrauen ist hier ein Leistungsfaktor.
Fazit
Auch wenn es sich scheisse anfühlt, auch wenn du nervös bist, dich und dein Training der letzten Wochen hinterfragst – oder vielleicht sogar weisst, dass es nicht perfekt war:
Auf eine perverse Art ist genau dieser Spannungszustand das, was du gesucht hast, als du dich für das Rennen angemeldet hast. Dieses Kribbeln. Dieses Ungewisse. Diese Aufladung. Also dann geniess es jetzt auch!
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